Wie kommt es zu einer Gewaltbeziehung?

oder

Partnerschaftsgewalt ist nicht (von beiden) hausgemacht, sondern (vom Täter) mitgebracht.

Betroffene Frauen suchen oft verzweifelt nach einem „Wendepunkt“, ab dem ihre Beziehung „gekippt“ ist. Von ihren „Partnern“ erhalten sie dabei oft und bereitwillig Unterstützung. Nicht nur lenkt es von deren eigener Agenda ab, v.a. ist es eine prima Gelegenheit ganz eindeutig festzulegen, wer für die Schwierigkeiten in der „Partnerschaft“ verantwortlich ist. Und dafür, dass Meinungsverschiedenheiten zunehmend eskalieren. Nämlich sie.

Die Partnerin sucht in diesen Wendepunkt in der Hoffnung, dass dessen erneute Klärung bewirkt, dass alles „wieder so wird wie früher“, dass sie weniger verletzt wird, dass er aufhören kann(!), ihr so weh zu tun.

Aussichtslos: Einen derartigen Wendepunkt gibt es nicht.

Du hast ihn nicht zum Täter gemacht. Gewalt ist mitgebracht

Beziehungen „entwickeln“ sich nicht zu Gewaltbeziehungen, sie mutieren auch nicht dazu, sondern sie sind es vom ersten Tag an.

Denn Gewalt ist nicht hausgemacht, sondern mitgebracht. Dein „Partner“ war bereits Gewalttäter, noch bevor er Dich traf und Dein Täter wurde, bzw. vielmehr wurdest Du sein Eigentum. 

Seine Gewalt wird nicht durch Dich hervorgerufen oder provoziert. Sondern:

Gewalthandeln des „Partners“ ist intentional und instrumentelle.

Sprich: Dass er Dich verletzt ist Absicht und Mittel zum Zweck. Nämlich: Macht & Kontrolle. Die gilt es zu erlangen, zu behalten und sukzessive auszuweiten.

Dieses Ansinnen ist SEINES. Das hatte er schon vor Dir, es ist mitgebracht.

Darum ist eine Gewaltbeziehung vom Moment den Kennenlernen am bereits eine Gewaltbeziehung. Sie hat nur noch nicht die Phase der Gewaltausübung erreicht, sondern war noch in der rosaroten Phase des Werbens und der Einwicklung.

„Also war was alles Berechnung, von Anfang an?!“

Vermutlich nicht. Es ist durchaus wahrscheinlich dass er ebenso euphorisch verliebt war, wie Du. Und ebenso überzeugt war, dass das mit Euch „für immer“ ist und dieses Mal „alles gut läuft“. Ihr hattet beide Eurer jeweiliges Ideal einer gemeinsamen Zukunft, einer perfekten Partnerschaft vor Augen. Aber nur einer von Euch wusste, dass diese Vorstellungen alles andere als deckungsgleich sind. (Ausnahme: Du bist seine erste Beziehungspartnerin). Darum greift er Dein Bild auf, Deine Träume und auch Deine Ängste, und malt ein Bild von einer Zukunft zu zweit, wie Du sie Dir wünschst. Das macht auch Sinn, für ihn.

Seine Idealbeziehung: Er ist hier der Boss.

Auch wenn er von sich behauptet, „total für Gleichberechtigung, eigentlich Feminist“ zu sein, sind seine Rollenvorstellungen maximal traditionell: Da gibt es einen Haushalts-/Familienvorstand, der das Sagen hat und dessen Ansprüche vollumfänglich zu erfüllen sind. Und das ist er.

Anspruch #1: Bedürfnisbefriedigung

Vereinfacht auf den Punkt gebracht: Es ist Deine Aufgabe dafür Sorge zu tragen, dass seine sämtlichen Bedürfnisse befriedigt sind.

  • Physisch: Euer Zuhause, Inhalt des Kühlschranks und das Essen auf dem Tisch
  • Emotional: Aufmerksamkeit, Bestätigung und alles was dazu beiträgt, dass sein Selbstwertgefühl positiv ist.
  • Sozial: Sein Image bei (seinen) Freunden und Bekannten.
  • Sexuell: Sex wann und wie er ihn will und in einer Form, dass er sich als großartiger Liebhaber bestätigt erlebt.

Anders ausgedrückt: Du bist dazu verpflichtet, für die Erfüllung seiner Bedürfnisse Sorge zu tragen. Diese Verpflichtung beruht nicht auf Gegenseitigkeit!

  • Du hast keine an ihn zu richtenden Bedürfnisse sondern Wünsche.
  • Diese kann er Dir nach eigenem Ermessen und nach Laune erfüllen.
  • Was Dich automatisch zu Gegenleistungen verpflichtet!

Anspruch #2: Besitzanspruch.

Du gehörst ihm. Das degradiert Dich vom Subjekt zum Objekt. Er hat das Recht über Dich zu verfügen. Umgekehrt gilt das natürlich nicht!

Anspruch #3: Überlegenheitsanspruch

In Kurzform:

  1. Er hat Recht. Weil: er weiß es besser.
  2. Die Dinge sind, wie er sagt, dass sie sind. Sprich: Er definiert die Realität. Darum ist es völlig normal, dass er sein Verhalten Dir gegenüber ausdrücklich als angemessen deklariert und auch festschreibt, dass er Dich nicht verletzt hat.
  3. Du ordnest Dich unter, weil Du seine Überlegenheit anerkennst. Damit hat sich das auch mit Widerworten, ist klar.
  4. Einseitige Rechenschaftspflicht: Wahrend Du ihm in allen Belangen und Bereichen Rede und Antwort zu stehen hast, gilt dies – wie auch alles andere zuvor aufgeführte – natürlich nicht umgekehrt.

Zusammengefasst: Herrschaft statt Partnerschaft.

Klingt nicht so vielversprechend? Verständlich. Kaum eine Frau wird freiwillig ihre Selbstbestimmtheit und ihr Recht auf eigene Meinung und Unversehrtheit aufgeben. Darum lasst sich eine Beziehung nach SEINEN Vorstellungen nur durch sukzessive Unterwerfung bzw. Machterscheinung erreichen. Und das ist der Punkt, an den non-physische Gewalt ins Spiel kommt.

Alle Seiten in dieser Rubrik

Ist das noch "nur" eine miese/destruktive Partnerschaft oder eine Gewaltbeziehung? Sechs Kategorien anhand derer eine Gewaltbeziehung als solche identifiziert werden kann. Grundlegend anders: Gewaltbeziehungen erkennen MEHR ERFAHREN Trotz Misshandlung und Gewalt: der Gedanke an Trennung löst oft panische Angst aus. Betroffene schämen sich und/oder werden dafür beschämt, "trotz Gewalt so abhängig zu sein". Denkfehler: die Abhängigkeit von einem Misshandler ist nicht "trotz dessen Gewalt" immens, sondern aufgrund der Gewalt. Denn die hat mittelbar auch zur Folge, dass die Vorstellung einer Trennung die... Trotz Gewalt: Panische Angst vor Trennung MEHR ERFAHREN Misshandlungsbeziehungen unterscheiden sich von "normalen" Partnerschaften in zentralen Kategorien, die nahezu das gesamte Miteinander abdecken. Diese Kategorien werden erläutert und anhand von Verhaltensbeispielen verdeutlicht. Erlebe ich Gewalt? MEHR ERFAHREN Tauschen Betroffene sich aus, sind sie meist verblüfft, ob der Ähnlichkeit ihres Beziehungsalltags. Diese wird nachvollziehbar sobald erkannt wird, dass die Ursachen von Beziehungsgewalt die Ansichten, Beziehungs- und Rollenvorstellungen ihrer "Partner" sind. Denn diese sind oft nahezu deckungsgleich. Typische Merkmale einer Gewaltbeziehung MEHR ERFAHREN Betroffene Frauen leiden (selbst noch nach der Trennung) oft unter quälenden Zweifeln, ob sie wirklich Gewalt erleb(t)en und in einer Misshandlungsbeziehung leb(t)en. Sogar Frauen, die schwer körperlich und sexuell misshandelt wurden. Diese Selbsterkundungsübung aus dem Buch "Neu anfangen nach einer Misshandlungsbeziehung" hilft, die eigene Beziehung besser einordnen zu können. Ist das Gewalt? MEHR ERFAHREN Was macht eine Gewaltbeziehung aus? Dass Gewalt ausgeübt wird. Diese wird aber mitnichten von der Partnerin verursacht oder provoziert, sondern mitgebracht. Denn eine Partnerschaft wird nicht zu einer Gewaltbeziehung, sondern ist von Anfang an eine. Einseitige Verantwortung für Gewalt MEHR ERFAHREN Hintergrund häuslicher Gewalt ist Macht. Ansinnen des Täters: komplette Kontrolle über die Partnerin, die er als seinen Besitz sieht. Verhält diese sich entgegen seiner Vorstellungen und Erwartungen, folgt Gewalt als Sanktion und Erziehungsmaßnahme. Hauptmotiv: Macht. MEHR ERFAHREN Eine Gewaltbeziehung kann keine Partnerschaft sein, da Gleichberechtigung und Augenhöhe Konzepte sind, die im Weltbild des "Partners" keinen Platz haben. Dass es in seiner Welt nur oben und unten geben kann, verrät er ihr nicht. Sondern sorgt dafür, dass sukzessive ein Machtungleichgewicht zu seinen Gunsten entsteht. Macht, Realität und Weltbild MEHR ERFAHREN Dreh- und Angelpunkt von häuslicher Gewalt ist Macht. Die sich in Beziehungen vor allem als Kontrolle und Einfluss äußert. In dem Maß, wie die Macht des Täters zunimmt, nimmt die Selbstbestimmtheit der Betroffenen ab. Macht, Kontrolle und Herrschaft MEHR ERFAHREN Was viele Gewaltbeziehungen gemeinsam haben: sie beginnen als hyperlative größte Liebe. Die Intensität der ersten Wochen und Monate ist verhängnisvoll und verstrickend. Dieser Artikel beschreibt den typischen Verlauf der rasanten Anbahnung einer Gewaltbeziehung. Denn das Verhalten des vermeintlichen Traummanns enthält sehr viel Strategie. Gewalt beginnt mit Liebe MEHR ERFAHREN