Trennung: Die einzige Option
… nur:
Kommt lange überhaupt nicht in Frage: Trennung ausgeschlossen
Es ist nie einfach, eine Partnerschaft zu beenden. Handelt es sich um eine Gewaltbeziehung, kommen zusätzliche Erschwernisse hinzu:
- Trennungskrieg bis ins kleinste Detail: Die bloßer Äußerung der Trennungsabsicht ist in den Augen des „Partners“ eine Kriegserklärung mit Vernichtungsabsicht. Warum? In dem Moment deklariert die Betroffene auch „ich akzeptiere Deine Herrschaft über mich nicht mehr“, „Du hast (bald) keine Macht mehr über mich!“. Deshalb ist ein „ich verlasse Dich“ zwar weiterhin der wichtigste Schritt, aber gleichzeitig auch:
- Gefahr! Während der Trennungsphase steigt das Risiko von körperlicher Gewalt um das Vierfache! Wenn Sie bereits körperliche Gewalt durch Ihren „Partner“ erlebt haben, sollten sie ihre Trennung unbemerkt gut vorbereiten, und ihn erst in Kenntnis setzen, wenn Sie (und Ihre Kinder) in Sicherheit sind!
- Gewaltbetroffene Frauen, für die „Trennung? (noch / bis auf weiteres) Völlig ausgeschlossen!“ ist (denn) verweisen bei Rückfragen fast immer auf die Gewissheit, alles zu verlieren. Und meinen damit weitaus mehr als Besitz und sozialen Status. Mit Einbußen sollter besser gerechnet werden. Denn der „Partner“, dem durch das sich-trennen der Betroffenen sein nahezu „gottgleicher“ Status entzogen wird, wird in den meisten Fällen nach jedem Fitzel Machtgefühl greifen und Zugeständnisse verweigern.
Diese und andere Faktoren machen das Beenden einer Gewaltbeziehung schwer. Aber wissen Sie, was das schwerste ist, wenn es darum geht, aus einer Beziezung, die eben keine Partnerschaft sondern Herrschaft bzw. beherrscht werden ist, auszusteigen? Die Antwort ist die gleiche, wie die auf die von Betroffenen als lapidar bagatellisierend erlebte Frage: „Warum trennst Du Dich nicht einfach?“. Sie lautet „Ich kann nicht“.
„Du kannst nicht oder Du willst nicht?“ – „Ich kann (noch) nicht wollen“
Das Schwerste am Ausstieg aus einer Gewaltbeziehung ist die Entscheidung, den Täter zu verlassen. Ist jedoch einmal – oft nach Jahren des Haderns – vollumfänglich gefallen, wirkt es von außen, als rastet ein rostiger Hebel mit lautem Krachen ein.
„Es bewegt mich immer wieder, diesen Moment mitzuerleben, wenn sich der Schalter in einer Betroffenen umlegt. Das ist kein leises „klick“, sondern ein Bersten, bei dem immense Energie freigesetzt wird. Frauen, die jahrelang beinahe vor sich hin vegetiert haben, machen plötzlich Nägel mit Köpfen!“
Hat man keinen eigenen Bezug zu diesem Thema, ist es schwer nachvollziehbar, dass die Mehrheit der Anruferinnen bei der Berliner Hotline gegen Gewalt nicht fragt „wie komme ich hier raus“, sondern: „was kann ich tun, damit er aufhört, Gewalt auszuüben?“.
„Wie kann man nur so schwach und abhängig sein?“
Diese Frage stellen sich nicht nur Angehörige oder FreundInnen, sondern auch die Betroffenen selber. Lapidare Antwort: Nicht „sein“ sondern „werden“. Weil genau diese Abhängigkeit typisch für den systematischen Verlauf von Gewaltbeziehungen ist:
Gewalt beginnt mit Liebe. Und zwar riesengroßer Liebe. Die sich sukzessive in mindestens ebensogroße Abhängigkeit entwickelt.
Gewalt wird im Verborgenden ausgeübt. Der Täter „traut“ sich erst dann, unverhohlene verbale oder körperliche Gewalt auszuüben, wenn die Partnerin in Folge der verdeckten psychischen Gewalt hinreichend destabilisiert, zermürbt und geschwächt ist.
„Niemals hätte ich gedacht, dass mir so etwas passiert“, so oder ähnlich beginnen zahlreiche Ausstiegsbiografieen in unserem Forum. Von sehr unterschiedlicher Dauer.
Es ist bitter, sich eingestehen zu müssen, Opfer häuslicher Gewalt zu sein. Dennoch: dieses Eingeständnis ist der erste Schritt raus aus der Gewalt. Selbst wenn er „nur“ im Kopf stattfindet, und „nur“ bewirkt, dass die Betroffene fortan bewusst erlebt, dass ihr Gewalt angetan wird.